Intelligent Design (ID)

Neuer Wein in alten Schläuchen


Fazit

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Es zeigt sich, dass ID auf der einen Seite, nicht nur in den USA, eine sehr beachtliche gesellschaftliche Kraft darstellt. Dieser Einfluss beruht aber weniger auf den eigentlichen Inhalten dieser Bewegung, sondern eher auf dem Bedürfnis vieler Menschen nach einem 'Sinn des Lebens', den sie in einem religiösen Weltbild gefunden haben. Wie Umfragen durchgehend zeigen, glaubt die Mehrzahl der Menschen in den USA und in Europa an einen wie auch immer gearteten Schöpfer. Solange sich ID daher darauf beschränkt, zu zeigen, dass es ein derartiges Wesen geben muss, ohne es näher zu konkretisieren, kann es sich eines großen Zuspruchs sicher sein. Das grundsätzliche Problem scheint mir darin zu bestehen, dass viele Menschen nicht erkennen, dass die Aufgabe, die sie einem Designer zusprechen, nämlich ihrem Leben einen Sinn zu geben, eine Moral zu begründen und so weiter, nur von einem ganz bestimmten Typ Designer erfüllt werden kann. Wenn man einen ID-Anhänger fragen würde, was sich an seinem Verständnis der Welt oder an seinem Umgang mit seinen Mitmenschen ändern würde, je nachdem, ob es keinen Designer oder einen Designer, der irgendwann das Universum so schuf, dass sich irgendwann Menschen entwickelten, müsste er, wenn er ehrlich ist, zugeben, dass das wirklich keinen Unterschied macht. Selbst ein Designer, der ständig in den Lauf der Evolution eingreift aber sich ansonsten nicht weiter um uns Menschen kümmert, also beispielsweise kein Jenseits mit einer Pflicht zur Verantwortung für die Taten des Lebens auf der Erde für uns bereithält, dürfte keinen Unterschied machen. Aber genau dieser Typ Designer ist es, mit dem sich ID 'wissenschaftlich' befasst. Es ist leicht zu verstehen, warum 'echte' Kreationisten (beispielsweise Morris (1999)) diesen Ansatz bestenfalls als insuffizient einstufen.

Für Anhänger einer bestimmten Religion ist ID daher nur insofern interessant, als es den Anspruch erhebt, mit wissenschaftlichen Methoden den Naturalismus widerlegen zu können, um so Platz für einen Designer zu schaffen. Aber hier versagt ID auf der ganzen Linie. Von Naturwissenschaftlern wird ID aus gutem Grund nicht ernst genommen. In Miller (2002) bemerkt Krauss treffend, dass die Organisation dieser Diskussionsveranstaltung, bei der zwei ID-Anhänger zwei Evolutionisten gegenüberständen, falsch sei: es müssten Zehntausend naturalistische Wissenschaftler antreten. Sollte ein ID-Anhänger ausfallen, könnte man nur zwischen dem guten Dutzend Mitarbeitern des Discovery-Instituts wählen, während eine beliebige Anzahl Naturalisten von jeder Universität anstelle von Miller und Krauss zu finden wäre. Der 'Output' ID-orientierter Forschung in anerkannten Fachzeitschriften tendiert gegen Null. Das liegt nicht an einem Boykott deren Arbeiten, sondern schlicht und ergreifend daran, dass ID-Anhänger entweder naturalistisch forschen, aber dann ist das nichts, was ID vor dem üblichen Ansatz auszeichnen würde. Oder sie versuchen, mit diesen Mitteln den Supra-Naturalismus zu begründen. Dass das prinzipiell nicht geht, sollte aus den bisherigen Ausführungen deutlich geworden sein. Der Ansatz des ID als Naturwissenschaft ist schlicht und ergreifend gescheitert.

Ein überzeugendes Fazit hat Shermer (2000) gezogen:

Let me be blunt (as if I could be even more so). It is not a coincidence that ID supporters are almost all Christians. It is inevitable. ID arguments are reasons to believe if you already believe. If you do not, the ID arguments are untenable. (Übertragung)

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E-Mail an Thomas Waschke an Thomas Waschke
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15. Mai 2003
15. Mai 2003