Radiometrische Datierung: Eichung der Zeittafel

Fast weitere 100 Jahre arbeiteten die Geologen unter Verwendung relativer Datierungsmethoden, indem sie die grundlegenden Prinzipien der Geologie und der Sukzession der Fossilien (Biostratigraphie) nutzten. Verschiedene Versuche, das Alter der Erde zu schätzen, reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück. Später wurde versucht, diese zur Kalibrierung der relativen Zeittafel in numerische Werte zu nutzen (s. "Changing views of the history of the Earth" von Richard Harter and Chris Stassen). Die meisten frühen Versuche beruhten auf Ablagerungsraten, Erosion und anderen geologischen Prozessen, die unsichere Zeitschätzungen ergaben, aber dennoch klar zeigten, daß die Geschichte der Erde mindestens 100 oder mehr Millionen Jahre lang währte. Eine Herausforderung für diese Interpretation kam in Form von Lord Kelvin's (William Thomson's) Berechnungen des Wärmeflusses der Erde und den Implikationen, welche diese für das Alter der Erde hatte -- eher als hunderte von Millionen von Jahren konnte die Erde auch nur 10 Millionen jahr jung sein. Diese Berechnung wurde gegen Ende des 19ten Jahrhunderts durch die Entdeckung der Radioaktivität widerlegt, die eine nicht beachtete Wärmequelle in Kelvin's ursprünglichen Berechnungen darstellte. Wenn diese berücksichtigt wurde, konnte die Erde bedeutend älter sein. Schätzungen über das Alter der Erde wurden wieder mit den ursprünglichen Methoden durchgeführt.

Die Entdeckung der Radioaktivität hatte noch einen weiteren Nebeneffekt, obwohl es noch mehrere Jahrzehnte dauerte, bis ihre Bedeutung für die Geologie offenbar wurde und die notwendigen Techniken bereitgestellt wurden. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung der Gesteine war es möglich zu berechnen, wie viele radioaktiven Zerfälle erfolgt waren, seit ein geeignetes Mineral gebildet wurde und wieviel Zeit seitdem vergangen war, indem man das Verhältnis zwischen dem Ausgangsisotop und seinen Zerfallsprodukten betrachtete, vorausgesetzt, die Zerfallsrate war bekannt. Es gab zwar geologische Komplikationen und Meßprobleme, aber erste Versuche mit dieser Methodik zeigten sehr deutlich, daß die Erde sehr alt war. Es stellte sich sogar heraus, daß die so erhaltenen Alter beträchtlich höher waren, als sogar etliche Geologen erwarteten -- eher als hunderte von Jahrmillionen, was als Minimalalter erwartet wurde, war die Geschichte der Erde mindestens Milliarden Jahre lang.

Radiometrische Datierung liefert Zahlenwerte für das Alter eines geeigneten Gesteins, üblicherweise in Jahrmillionen gemessen. Daher kann diese, indem sie eine Reihe von Gesteinen in einer vertikalen Folge von Schichten, die zuvor durch grundlegende geologische Prinzipien aufgestellt wurde (vgl. Stratigraphische Prinzipien und relative Zeit), eine numerische Kalibrierung für etwas geben, das sonst nur eine Anordung von Ereignissen wäre -- das heißt, relative Datierung, die durch Biostratigraphie (Fossilien), Beziehungen durch Überlagerungen oder andere Techniken erfolgt. Die Verknüpfung von relativer und radiometrischer Datierung ergab eine Reihe von zunehmend präziseren 'absoluten' (das heißt in Zahlen gemessenen) geologischen Zeittafeln, beginnend etwa 1910 bis 1930 (einfache Abschätzungen mit Hilfe von Radioisotopen) und zunehmend exakter, nachdem die modernen radiometrischen Datierungsmethoden verwendet wurden (beginnend etwa 1950).1



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