Biostratigraphie

Als die Geologen im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Geschichte der Erde weiter rekonstruierten, erkannten sie schnell, daß die Verteilung der Fossilien in Laufe dieser Geschichte nicht zufällig war -- die Fossilien traten in einer regelhaften Verteilung auf. Das zeigte sich sowohl auf regionaler als auch auf globaler Ebene. Darüberhinaus waren die fossilen Lebewesen viel charakteristischer als die Gesteinstypen und viel variabler, was eine wesentlich genauere Unterteilung der Schichtenfolge und der Ereignisse innerhalb derselben ermöglichte.

Die Erkenntnis der Nützlichkeit von Fossilien zur genaueren 'relativen Datierung' wird oft William Smith zugeschrieben, einem Kanalbau-Ingenieur der bei einer Grabung durch Gesteinsschichten in Südengland die Abfolge der Fossilien beobachtete. Aber Wissenschaftler wie Albert Oppel erkannten dieselben Prinzipien etwa gleichzeitig oder sogar früher. Smith jedenfalls war aufgrund der empirischen Beobachtungen der Fossil-Sukzession in der Lage,  eine feine Unterteilung der Schichten vorzuschlagen und in einer der ersten geologischen Karten (1815) die geologischen Formationen Südenglands aufzuzeichnen. Andere Forscher im übrigen Europa und schließlich weltweit konnten die Fossilsukzessionen in ihren Ländern direkt vergleichen, auch wenn sich die jeweiligen Gesteinstypen im feineren Rahmen unterschieden. Trilobiten beispielsweise wurden auf der ganzen Welt in älteren Schichten gefunden als marine Reptilien. Dinosaurier wurden nach dem ersten Auftreten der Landpflanzen, Insekten und Amphibien gefunden. Sporenpflanzen wie Farne wurden stets vor dem Auftauchen der Blütenpflanzen gefunden und so weiter.

Die Beobachtung, daß Fossilien in einer konsistenten Abfolge auftauchen, ist als das 'Prinzip der tierischen (und pflanzlichen) Sukzession' bekannt. Das Studium dder Fossilien und ihre Anwendung zur relativen Datierung nennt man 'Biostratigraphie'. Jede Zeitspanne in der Stratigraphie konnte durch eine besondere Zusammenstellung von fossilen Organismen, von den deutschen Paläontologen Friedrich Quenstadt und Albert Oppel als biotratigraphische 'Zone' bezeichnet, charakterisiert weren. Diese Zonen konnte man über weite Gebiete und schließlich weltweit verfolgen.

Gruppen von Zonen wurden dazu verwendet, größere Intervalle der Stratigraphie zu definieren, die Geologische 'Stadien' und geologische 'Systeme' genannt wurden. Die den meisten dieser Intervalle von Felsen entsprechenden Zeiträume wurden als 'Erdzeitalter' bzw. 'Perioden' bezeichnet. Gegen Ende der 1830er Jahre waren die meisten der heute noch verwendeten erdgeschichtlichen Perioden aufgrund ihres Fossilgehalts und deren beobachteter relativer Lagen in der Schichtenfolge eingeteilt (beispielsweise Kambrium (1835), Ordovicium (1879), Silur (1835), Devon (1839), Karbon (1822), Perm (1841), Trias (1834), Jura (1829), Kreide (1835), Tertiär (1759) und Pleistozän (1839)). Vorher wurden jahrzehntelang andere Begriffe für verschiedene geologische Unterteilungen verwendet, und, obwohl es nachfolgend Debatten über ihre exakten Grenzen gab (z.B. zwischen Kambrium und Silur, was schließlich durch die Einführung des Ordoviziums zwischen beiden gelöst wurde), wären die historischen Beschreibungen und die fossilen Sukzessioen auch heute noch leicht erkennbar.

Gegen 1830 war die Fossilsukzession in zunehmendem Maße erforscht, wodurch die ungefähre Geschichte des Lebens auf der Erde gut verstanden war, ungeachtet einer Debatte über die Namen, die bestimmten Bereichen gegeben werden und wo man genau die Schnitte machen sollte. Alle Paläontologen erkannten eindeutige Trends in der Morphologie durch die Zeit in der Sukzession fossiler Organismen. Diese Beobachtung führte zu Versuchen, die fossile Sukzession durch verschiedene Mechanismen zu erklären. Das vielleicht bekannteste Beispiels ist Darwins Theorie einer Evolution durch natürliche Selektion. Beachten Sie, daß, zeitlich gesehen, die Fossilsukzession gut und unabhängig schon lange eingeführt war, bevor Darwin's Evolutionstheorie 1859 vorgestellt wurde. Die Fossilsukzession und die geologische Zeittafel sind bedingt durch die beobachtete Ordnung der Stratigraphie -- im wesentlichen Geometrie -- nicht durch eine Evolutionstheorie. 



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