Anmerkungen zu Shermer's Thesen

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Anmerkungen

Zur These Hume's

Nur am Rande erwähnt sei, dass die von Hume erwähnten 'Wunder' natürlich auch Thesen sein können, die dem derzeitigen Stand der Erkenntnis widersprechen. Grundsätzlich gilt, dass man Thesen um so kritischer prüfen sollte, je weitreichendere Folgen sie für unser Weltbild hätten. Damit ist natürlich nicht gefordert, dass man derartige Auffassungen sofort ablehnen sollte, im Gegenteil. Nichts ist für den Fortschritt der Wissenschaft schädlicher als ein Frage-Verbot.

Vielleicht ein einfaches Beispiel. Ein Mensch behauptet, er könnte vorhersagen, welche Augenzahl ein Würfel bei den nächsten 100 Würfen jeweils erzielen würde. Man verwendet einen Würfel, der mit modernen Maschinen aus einem homogenen Plastikblock geschnitten wurde. Bei der Herstellung wurden alle nur denkbaren Toleranzen bis an die Grenze ausgeschöpft. Der Würfel wird von einer mechanischen Anlage 'geworfen'. Die Versuchsperson sagt dann eine Zahl, die Anlage wird in Gang gesetzt und die Vorhersage mit den erzielten Augen verglichen. Wenn diese Person nun 100 Mal die richtige Augenzahl vorhersagt, dann wäre es ein Wunder, davon auszugehen, dass Manipulation im Spiel ist und es besteht kein Grund, der Person nicht zu glauben. Aber nur eben nur dann, nach einer Prüfung, die um so kritischer sein muss, je revolutionärer die zu prüfenden Befunden sind.

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Zu: Probleme des naturwissenschaftlichen Denkens

Ich gehe davon aus, dass die Erkenntnisse, die wir mit den Methoden der Naturwissenschaften gewinnen, die sichersten sind, die uns möglich sind. Die 'Methode der Naturwissenschaft' beruht darauf, dass uns 'die Natur' auf Anfragen ('Wie lange braucht ein Tischtennis-Ball, um von 1,50 m auf den Boden zu gelangen, wenn ich ihn loslasse?') reproduzierbar antwortet. Das bedeutet, wir machen ein Experiment (Tischtennis-Ball fallenlassen und die Zeit messen, bis er auf dem Boden auftippt) und werten es aus (1 Sekunde). Dieses Experiment können wir beliebig oft wiederholen, im Idealfall erhalten wir jedes Mal dasselbe Ergebnis (1 Sekunde). Nichts spricht dagegen, dass dieser Ball für dieselbe Strecke auch beim nächsten Versuch dieselbe Zeit benötigen wird. Selbstverständlich ist das auch nicht gewiss: während des nächsten Falls könnte die Erde stillstehen, ein Komet einschlagen oder sonst irgendetwas geschehen, was die Fallzeit beeinflussen würde. Da diese Phänomene sehr selten sind, können wir davon ausgehen, dass die Aussage:

Dieser Tischtennis-Ball braucht 1 Sekunde, um von 1,50 m auf den Boden zu gelangen

'wahr' ist. Den Begriff 'wahr' sollte man im Zusammenhang mit Naturwissenschaften besser vermeiden und 'gültig' sagen. Zu jedem Zeitpunkt gibt es so etwas wie den 'Stand der Erkenntnis', der zwar gültig ist, von dem man aber nicht weiß, ob das zu einem späteren Zeitpunkt immer noch der Fall sein wird. Erkenntnis ist deshalb 'zeitkernig': was heute gilt, braucht morgen nicht mehr zu gelten.

Neben den Problemen, auf die ich weiter unten eingehen werde, hat diese Methode einen großen Nachteil: sie ist nicht universell anwendbar. In vielen Fällen können wir keine reproduzierbaren Experimente durchführen. Wir können nicht beispielsweise das Quartär mehrfach ablaufen lassen und dabei untersuchen, wie sich die Säuger entwickelt hätten, falls die Saurier nicht ausgestorben wären. Das heißt, dass wir mit allen anderen Methoden nur zu Ergebnissen gelangen können, die noch unsicherer sind.

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Zu These 3: Die zur Verfügung stehende Ausrüstung erzeugt Ergebnisse

An diesem Beispiel möchte ich einige noch allgemeinere Überlegungen veranschaulichen. Nebenbei, vom Standpunkt der Biologie aus sei noch erwähnt, dass die zweite Aussage nicht stimmt. In dem Netz werden sicher auch Wale oder Delphine gefangen, die keine Kiemen haben. Das wäre dann eine Fehlinterpretation aufgrund nicht erschöpfender Forschungstätigkeit: aus der Tatsache, dass bisher nur Lebewesen mit Kiemen in dem Netz gefangen wurden, folgt nicht, dass es keine derartigen Lebewesen gibt oder noch weniger, dass es sie nicht geben kann. Die Abwesenheit einer Beobachtung ist nicht die Beobachtung der Abwesenheit, wie das in einem anderen Zusammenhang formuliert wurde.

Je öfter man allerdings das Netz ausgeworfen hat, desto sicherer kann man sein, alle mit dieser Methode erreichbaren Objekte gefangen zu haben. Wenn jemand behaupten würde: es gibt feuerspeiende Wesen, die 20 cm groß sind und im Wasser herumschwimmen, würde die Tatsache, dass man noch nie derartige Wesen gefangen hat, ein starkes Argment gegen deren Existenz darstellen. Auch wenn man damit auch die Nicht-Existenz nicht bewiesen hätte, müsste ein Vertreter dieser Behauptung aber schon sehr gute Argumente dafür haben, ernst genommen zu werden.

Mir scheint folgende Überlegung aber erwähnenswerter: Wissen können wir nur in dem Bereich erlangen, in dem reproduzierbare Versuche möglich sind (also das Auswerfen des Netzes). Damit erfassen wir einen Teil der Wirklichkeit. Im Prinzip gibt es nun mehrere Möglichkeiten für einen Fortschritt in den Wissenschaften:

a. man kann denselben Versuch möglichst oft wiederholen. So erhält man ein immer genaueres Bild über den Bereich, den man so untersucht.

b. man kann den Versuch variieren, also beispielsweise das Netz am Tage, nachts, an verschiedenen Stellen, verschieden lang, verschieden tief und so weiter auswerfen

c. man kann versuchen, die Maschen feiner zu knüpfen

d. man kann versuchen, zusätzlich zum Netz noch weitere Untersuchungsmethoden zu entwickeln.

Wirklich neue Erkenntnisse wird man vermutlich nur mit c. und d. erlangen. Dennoch bleibt immer eine grundsätzliche Lücke: was nicht 'ins Netz geht' ist nicht erforschbar. Es kann noch schlimmer sein: man kann sehr deutlich sehen, dass da noch was ist (beispielsweise Fische in Meerestiefen, aus denen ich mein Netz nicht mehr hochziehen kann, Fische in Riffen zwischen den Korallen, die ich mit dem Netz nicht abfischen kann und so weiter), aber man kriegt es nicht (reproduzierbar) gefangen.

Das Fangen mit dem Netz ermöglicht allerdings über den Bereich des Seins, in dem es angewendet werden kann, im Rahmen der technischen Grenzen, die es aufweist, das sicherste Wissen, das uns möglich ist. Wir können sogar erkennen, dass es Bereiche geben kann, die dieser Weise der Erkenntnis prinzipiell verschlossen sind (beispielsweise die Luft), obwohl wir aus anderen Quellen wissen, dass sich dort etwas befindet. Die Frage ist nun, was Methoden unter d. prinzipiell erreichen können. Sie können gleichwertig sein, wenn sie reproduzierbare Messungen ermöglichen. Sie können aber auch minderwertiger sein, falls sie nur Einzelbeobachtungen zulassen. Oder sie können noch unsicherer sein, wenn sie beispielsweise nur indirekte Spuren auswerten.

In meinen Augen ist folgende Aussage durchaus gültig: über das, was wir nicht mit dem Netz fangen können, sind uns sichere Aussagen nicht möglicht. Vollkommen falsch ist dagegen die Haltung: weil wir etwas mit dem Netz nicht fangen können, existiert es nicht.

In dem geschilderten Beispiel gäbe es nun Menschen, die behaupten: ich habe Fische gesehen, die sind größer als die Maschen. Das kann man nicht ausschließen, es wird aber immer unwahrscheinlicher, je öfter das Netz ausgeworfen und der Fang ausgewertet wurde.