Evolution ist nur eine Theorie

Durch diese oder ähnliche Aussagen soll davon abgelenkt werden, dass eine Evolution als historische Tatsache zu den am besten gesicherten Befunden in den Naturwissenschaften gehört. Darauf bin ich an anderer Stelle schon ausführlich eingegangen.

An erster Stelle ist dazu zu sagen, dass das auf der einen Seite zwar zutrifft, auf der anderen Seite aber eher ein 'Kompliment' für die Evolutionsforschung ist. Theorien sind nämlich das sicherste, was die Naturwissenschaft erreichen kann. Ein Mehr an Erkenntnis ist einfach nicht möglich. So gesehen stehen Theorien, die im Rahmen einer Evolutionsvorstellung entwickelt wurden, in einer Reihe mit Theorien wie der des Elektromagnetismus oder der Himmelsmechanik. Die üblichen Schöpfungslehren dagegen sind, wissenschaftstheoretisch gesehen, nicht einmal Theorien, weil sie keine prüfbaren Voraussagen machen.

Wichtiger ist aber ein weiterer Gesichtspunkt. Evolution in dem Sinn, dass es eine Entwicklung der Lebewesen ohne Einfluss von irgendwelchen Schöpfern gab, ist, wissenschaftstheoretisch gesehen, keine Theorie, sondern ein Paradigma. Darunter versteht man so etwas wie ein Weltbild. Als solches ist es ein Deutungsschema für Fakten und kann durch selbige nicht widerlegt werden, da es begründet, was in diesem Weltbild überhaupt ein Fakt ist.

Im Rahmen dieses Paradigmas und aus diesem abgeleitet gibt es dann allerdings wieder Theorien, die durchaus testbar sind und je nach Ausgang von Beobachtungen nicht mehr haltbar sind. Eine interessante Frage ist, inwieweit ein Paradigma 'geschwächt' wird, wenn Theorien, die aus ihm abgeleitet werden, widerlegt werden. Konkret bedeutet das hier, ob es für Kreationisten Sinn macht, Theorien, die aus dem Evolutionsparadigma abgeleitet werden, zu widerlegen.

Üblicherweise führt das eher dazu, dass aus dem Paradigma andere Theorien abgeleitet werden. Ein Paradigma wird deshalb nur selten ausgewechselt. Wissenschaftsgeschichtlich scheint es eher so zu sein, dass ein Paradigma nur abgelöst werden, falls ein anderes Paradigma erklärungsmächtiger ist als das alte. Für unsere Diskussion würde das bedeuten, dass das Schöpfungsparadigma alle Befunde erklären können müsste, welche das Evolutionsparadigma erklären kann und dazu noch Befunde, die in jenem nicht erklärbar sind. Das würde bedeuten, dass Schöpfungsforscher weniger Zeit damit verbringen sollten, irgendwelche Theorien der Evolutionsforscher zu widerlegen, sondern ein konsistentes Weltbild aufbauen sollten. Davon ist bisher wenig zu sehen, zumindest falls man übliche wissenschaftstheoretische Standards anlegt.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass dieses Argument auf dem Alltags-Sprachgebrauch aufbaut, in dem 'Theorie' im Sinne von 'nicht gesicherte Behauptung' verwendet wird. Wenn man aber die übliche wissenschaftstheoretische Verwendung des Begriffs 'Theorie' verwendet, dürfte das Argument für die Diskussion Evolution vs. Schöpfung unerheblich sein.


E-Mail an Thomas Waschke an Thomas Waschke Stand: 28. Juli 2000