Warum ist der Fossilbefund ein Beweis für eine Evolution?

An anderer Stelle habe ich schon dargelegt, dass der Begriff 'Evolution' mehrdeutig ist. Hier rede ich von Evolution als historischer Tatsache. Fossilien als Spuren vergangener Lebewesen sind genauso Urkunden wie beispielsweise Schriftstücke, auf denen der Name eines Herrschers verzeichnet ist.

Der Fossilbefund stützt eindeutig die These, dass sich 'das Leben' im Laufe der Zeit entwickelt hat. Das bedeutet, dass es früher andere Lebensformen gab als heute und dass man für jede Lebensform (wenn man die Fossilien findet) angeben kann, wann sie das erste Mal auftrat. Wenn man das graphisch darstellt, so erhält man Diagramme wie das folgende:

Links sehen Sie die Jahrmillionen ab heute (ganz oben) bis zu einer Zeit von vor 500 Millionen Jahren aufgetragen. Bedenken Sie bitte, dass sich an der Struktur des Arguments nichts ändern würde, wenn dort andere Angaben stünden. Bevor es möglich wurde, das Alter von Gesteinen direkt zu messen, konnte man nur relative Datierungen im Sinne von 'älter als' angeben. Wie das (übrigens von gläubigen Christen) gemacht wurde, finden Sie an anderer Stelle. Weil sich die jeweiligen Lebensformen in bestimmten Zeitabschnitten charakteristisch änderten, gab man diesen Zeiträumen Namen (beispielsweise Karbon, Kreide, Tertiär und so weiter). Anstelle jeder Zahl hätte ich auch den Namen eines Erdzeitalters angeben können.

Aus Gründen der Ladezeit habe ich darauf verzichtet, ein 'schönes' Bild zu verwenden, ich hoffe, dass es dennoch seinen Zweck erfüllt. Sie sehen beschriftete Symbole für Tiergruppen, um diese Symbole sind gestrichelte Linien schwach erkennbar. Wichtig sind vor allem diese gestrichelten Linien. Die Breite gibt an, wie viele verschiedene Arten dieser Tiergruppe zum jeweiligen Zeitpunkt gefunden wurden. Je breiter dieser Bereich also ist, desto 'erfolgreicher' war diese Tiergruppe zum betrachteten Zeitraum. Wenn der Bereich endet, bedeutet das, dass die betrachtete Gruppe ausgestorben ist. Der Bereich beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem das erste Fossil eines Vertreters dieser Gruppe gefunden wurde.

Ich möchte das am Beispiel der Ammoniten verdeutlichen. Diese Tiergruppe entstand vor etwa 340 Millionen Jahren, war dann bis etwa vor 70 Millionen Jahren recht erfolgreich und starb dann vor 65 Millionen Jahren aus. Aus der Abbildung geht eindeutig hervor, dass die Lebensformen nicht gleichzeitig vorhanden waren. Viele Tiergruppen lebten zu keiner Zeit gemeinsam auf der Erde. Der letzte Urskorpion beispielsweise war längst ausgestorben, ehe das erste Säugetier entstand. Es gab schon lange Säugetiere, ehe es Vögel gab. Genau das meine ich mit 'Evolution ist eine historische Tatsache'.

Beachten Sie bitte, dass es sich bei dieser Darstellung nicht um einen Stammbaum handelt. Im Gegensatz zu diesen ist die vorgestellte Art der Darstellung fast 'theoriefrei'. Aufgetragen wird nur, was aus den Fossilien direkt ablesbar ist: wann der erste Vertreter einer Gruppe gefunden wurde und wie viele verschiedene Vertreter man in welchen Zeitabschnitten gefunden hat. Selbstverständlich kann man sich darüber streiten, ob die absoluten Jahresangaben korrekt sind. Für die eigentliche Argumentation spielt das aber keine Rolle.

Was kann man nun aus dieser Art Darstellung bezüglich der Diskussion Evolution vs. Schöpfung entnehmen?

Eine 'Schöpfungswoche' oder ein (kurzer) Zeitraum, in dem alle Lebewesen gleichzeitig erschaffen wurden, lässt sich mit diesem Befund nicht vereinbaren. Bedenken Sie, dass die Geschichte des Lebens auf der Erde einige Jahrmilliarden älter ist als der Beginn der obigen Darstellung. Lange bevor der erste Mehrzeller enstand, lebten auf der Erde einzellige Organismen. Eine wortwörtlich-biblisch orientierte Auffassung wird durch das Tatsachenmaterial eindeutig widerlegt.

Selbstverständlich sind andere Schöpfungsvorstellungen mit diesem Befund vereinbar: nichts spricht gegen ständige Eingriffe in die Schöpfung. Der Schöpfer hätte dann einfach zum Zeitpunkt x diese und zum Zeitpunkt y eine andere (Stamm?)Art erschaffen. Gegen diese Auffassung spricht lediglich, dass sie nicht (natur)wissenschaftlich ist. Sie macht keine prinzipiell widerlegbaren Aussagen. Einige wesentliche kreationistische Auffassungen habe ich an anderer Stelle dargestellt.

Mit der Evolutionslehre im Sinn von 'descent with modification' läßt sich der obige Befund problemlos vereinbaren. Hier liegen sogar Falsifikationsmöglichkeiten für bestimmte Vorstellungen vor, sobald die Darstellung zu einem Stammbaum erweitert wird. Üblicherweise wird behauptet, dass die Säugetiere von den Reptilien abstammen. Findet man nun ein Säugetierfossil vor dem ersten Auftreten von Reptilien, dann ist dieser Stammbaum (aber nicht die Vorstellung einer Evolution an sich!) widerlegt.


E-Mail an Thomas Waschke an Thomas Waschke Stand: 28. Juli 2000