Betreff: Debatte um ID-'Theorie'
02 März 2003 11:15
Von: Thomas Waschke

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie vor allem aus den Beiträgen von Herrn Kummer und Herrn Gieffers hervorgeht, beruht ein gut Teil der Diskrepanzen zwischen ID-'Theoretikern' wie Herrn Lönnig und 'harten' Evolutionisten wie Herrn Kutschera auf einer Vermischung zweier Ebenen, die zu unzulässigen Aussagen führt.

Auf der einen Seite gibt es die Ebene der Wissenschaftstheorie, auf der betrachtet wird, wie wir (Natur)Wissenschaft betreiben sollten, um zu dem sichersten Wissen, das uns Menschen möglich ist, zu gelangen. Auf der anderen Seite gibt es den umfassenderen Bereich der Wissenschaftsphilosophie (oder Erkenntnistheorie), der sich damit übeschäftigt, wo die prinzipiellen Grenzen unseres Erkenntnisvermögens liegen.

Es macht nun keinen Sinn, aus den Grundsätzen der Wissenschaftstheorie, die aus methodischen Gründen einen Designer explizit ausklammert, eine Aussage über die mögliche Existenz derartiger Wesen zu machen.

Auf der anderen Seite macht es genauso wenig Sinn, in möglichen Grenzen unserer Erkenntnis einen Raum für irgendwelche Designer zu sehen und dann zu fordern, dass im Bereich der Wissenschaften 'wir wissen es nicht' durch 'irgendwelche Designer haben das gemacht' zu ersetzen.

(Natur-)Wissenschaft findet in einem bestimmten Rahmen ab. Innerhalb dieses Rahmens sind übernatürliche Wirkursachen nicht statthaft. Ob es jenseits dieses Rahmens Designer gibt, ist eine offene Frage. Es ist die Pflicht der ID-'Theoretiker', zu zeigen, dass es derartige Wesenheiten gibt und wie sie in den Lauf der Dinge eingreifen.

Und gerade das ist das Provozierende an ID-'Theoretikern': auf der einen Seite haben sie keinerlei Belege für ihre Auffassungen, auf der anderen Seite behaupten sie aber, mehr erklären zu können als Naturalisten, ohne dafür irgendeinen Beleg zu liefern.

Herr Lönnig präsentiert, beispielsweise auf seiner HomePage, viele Beispiele komplexer Strukturen von Lebewesen, die seiner Meinung nach nicht naturalistisch erklärt werden können. Herr Lönnig hat selbstverständlich das Recht, von Evolutionisten einzufordern, ihre Behauptungen zu belegen und diese zu kritisieren. Er geht aber einen Schritt weiter: er meint, 'Design' sei eine ernsthafte Alternative. Um das zu belegen, müsste er aber an einem konkreten Beispiel aufzeigen, was konkret welcher Schöpfer erschaffen hat, also positive Befunde beibringen. Solange das nicht der Fall ist, ist ID eben schlicht und ergreifend eine von vielen Denkmöglichkeiten, die keinerlei Anspruch auf intersubjektive Gültigkeit haben.

Von daher erübrigt sich eigentlich die ganze Aufgeregtheit. Man sollte sich gar nicht die Mühe machen, die Einwände der ID-'Theoretiker' zu widerlegen zu versuchen, sondern einfach weiter naturalistisch forschen. Man sollte aber in der Diskussion mit ID-'Theoretikern' darauf bestehen,
einzufordern, dass diese konkrete Angaben über den Typ Designer machen, den sie als Erklärung für was auch immer anbieten möchten.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Waschke