Debatten

Diskussionstechniken mit Kreationisten

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Vorbemerkung

1. Organisierte Debatten
2. Debatten in Funk und Fernsehen
3. Anregungen für die Diskussion mit Kreationisten wie Gish
4. Allgemeine Hinweise
Anmerkungen (Thomas Waschke)

Vorbemerkung

!!! Hinweis !!!

Bei der Übertragung des englischen Originals habe ich mir selbstverständlich viel Mühe gegeben. Da ich aber kein professioneller Übersetzer bin, ist es sehr wahrscheinlich, dass mir bei der Übertragung Fehler unterlaufen sind. Es bietet sich daher auf jeden Fall an, den englischen Original-Artikel zu lesen:

 

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Original-Artikel 

 

In Absprache mit dem Autor habe ich den Text neu formatiert. Die Anmerkungen am Ende des Textes stammen von mir. Bevor Sie den Autor beschimpfen, wäre es vielleicht besser, sich erst mal an mich zu wenden. Vielleicht habe ich nur einen Übersetzungsfehler gemacht. Quellenangaben habe ich so wiedergegeben, wie sie im Original-Artikel stehen.

Selbstverständlich können Sie mir jederzeit Kritik, Anregungen oder was auch immer Sie wünschen, zukommen lassen:

E-Mail an Thomas Waschke (Übertragung)

 

E-Mail an L. Flank (Autor, bitte in englischer Sprache)
 

1. Organisierte 'Debatten'

Organsierte 'Debatten' [ Anmerkung ] auf dem Gelände von Bildungseinrichtungen sind ein zentraler Teil der kreationistischen Strategie zur Mobilisierung großer Zahlen von Unterstützern. Deshalb muss unsere Gegenstrategie sorgfältig und wohlüberlegt sein. Die Meinung der erfahrensten Streiter gegen Kreationisten (wie des National Center for Science Education) lässt sich in einem kurzen Satz zusammenfassen: debattieren Sie nicht mit Kreationisten.

Obwohl viele Gegner der Kreationisten sich danach 'sehnen', mit diesen in einer 'offenen Debatte' zu streiten und sie öffentlich in den Hintern zu treten, gibt es mehrere gute Gründe, warum das nicht ratsam ist. Wie wir schon gesehen haben, überzeugen diese Debatten niemanden, weil nur die schon Überzeugten anwesend sein werden. Dadurch wird den Kreationisten die Möglichkeit gegeben, die Getreuen jeder fundamentalistischen Vereinigung in der Gegend zu mobilisieren, die dann busladungsweise erscheinen werden, um ihre Helden anzufeuern. Eugenie C. Scott, der Direktor des National Center for Science Education, formulierte das so: "Der Zweck einer solchen Debatte ist, die örtlichen Kräfte zu mobilisieren, sie zu Aktionen zu bewegen und sie dazu zu motivieren, weiter zu machen und das Aufnehmen des Kreationismus in den Lehrplan zu unterstützen. Warum sollten wir dabei helfen?" (Scott, 'Debates and the Globetrotters', o.J.)

Selbst wenn die Anwesenden bereit wären, die evolutionistische Darstellung anzuhören (was sie nicht tun werden), sind die Hände der Debattierer durch die übliche Form solcher Debatten (jede Seite stellt in 45 Minuten ihren Standpunkt dar, gefolgt von einer halben Stunde Widerlegungen) gebunden. Das Thema biologische Evolution ist so umfangreich und komplex, dass Menschen ihre gesamte berufliche Laufbahn damit verbringen nur winzige Teilbereiche derselben zu erforschen. Es ist schlicht unmöglich, in 45 Minuten einen angemessenen Überblick über ein derartig komplexes Thema zu geben, vor allem, wenn man den oft miserablen Kenntnisstand der Zuhörer in naturwissenschaftlichen Dingen bedenkt. Diese Einschränkungen helfen auf der anderen Seite den Kreationisten enorm. Weil sie kein eigenes konsistentes Weltbild präsentieren können, werden sie ihre gesamte Redezeit dazu nutzen, was liebevoll als 'Gish Gallop' genannt wird, zu veranstalten. Das bedeutet, dass sie von Punkt zu Punkt springen und dabei einen nicht enden wollenden Orkan von Quatsch und unzutreffenden Annahmen über Evolution vorbringen, wobei dem armen Evolutionisten die undankbare Rolle zufällt, diese Punkte aufzugreifen und richtig zu stellen. Das ist eine nicht zu leistende Aufgabe. Scott formuliert das folgendermaßen: "Der evolutionistische Streiter wird niemals in der Lage sein, auf alle Falschinformationen einzugehen, die ein Kreationist in diesem länglichen Debatten-Format aufstellen kann" (Scott, 'Debates and the Globetrotters', o.J.). Wann immer ein Wissenschaftler gültige naturwissenschaftliche Daten präsentiert, braucht der Kreationist nur zu sagen: "Das ist nicht wahr". Es obliegt dann dem Wissenschaftler, zwanzig Minuten Redezeit darauf zu verschwenden, zu erklären, warum sie doch wahr ist. Dabei wird nicht die grundlegende Aussage des Naturwissenschaftlers hängen bleiben, sondern die des Kreationisten.

Aufgrund des abgekarteten Spiels dieser öffentlichen Debatten stimmen die meisten Kämpfer gegen den Kreationismus darin überein, dass sie nichts bringen und dass man sie am besten vermeidet.

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2. Debatten in Funk und Fernsehen

Vollkommen anders sieht es dagegen bei Debatten im Fernsehen oder im Radio aus. Hier können die Kreationisten die Spielregeln nicht bestimmen und es ist möglich, die Debatte auf einen einzigen Punkt zu beschränken - beispielsweise das Alter der Erde oder den Fossilbefund - und diesen dann bis ins letzte Detail durchzudiskutieren. Das hebt den Gish Gallop aus den Angeln und verhindert auch die übliche kreationistische Taktik, immer das Thema zu wechseln, wenn er in die Enge getrieben wird. Es ermöglicht auch dem Diskutanten, sofort einzugreifen, wenn der Kreationist eine seiner vielen ungedeckten Behauptungen oder falschen Aussagen macht. Es ist wenig überraschend, dass die meisten kreationistischen Streiter eine Diskussion unter diesen Bedingungen ablehnen.

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3. Anregungen für die Diskussion mit Kreationisten wie Gish

Bei der Diskussion mit Kreationisten im Fernsehen oder Radio müssen einige wichtige Punkte beachtet werden. Richard Trott, der Kreationisten schon mehrfach durcheinander gebracht hat, hat die folgende Liste mit sechs Punkten aufgestellt, die man beachten sollte, wenn man mit jemandem wie Gish diskutiert (Trott, 'Debating the ICR's Duane Gish', o.J.) [ Anmerkung ]

Kenne Deine Zuhörer

Die Mehrheit der Zuhörer wird gegenüber Evolution und Evolutionisten feindselig eingestellt sein. "Egal, aus welcher Gegend Sie kommen und in welcher Art Institution die Debatte stattfindet", sagt Trott, "Gish wird unter den Gläubigen sehr wohl bekannt sein." (Trott, 'Debating the ICR's Duane Gish', o.J.). Für die Mehrzahl der Zuhörer werden Sie Satans Stellvertreter auf Erden sein. Der Rest wird vermutlich aus interessierten Laien bestehen, die sehr wahrscheinlich bestenfalls über ein sehr begrenztes Wissen über Naturwissenschaften und Evolutionstheorie verfügen werden. Sie werden Ihre Darstellung einfach, kurz und leicht verständlich halten müssen.

Seien sie kein langweiliger Dozent

Sie sprechen nicht in einem Klassenzimmer im Biologie-Unterricht oder auf einem wissenschaftlichen Symposium. Wenn Sie sich wie der typische Biologielehrer anhören, werden Sie wenig Erfolg haben. "Gish war an hunderten von Debatten beteiligt", schreibt Trott, "und hat eine Sammlung von hervorragenden Dias, die seine Darstellung anschaulich und leicht verständlich machen." (Trott, 'Debating the ICR's Duane Gish', o.J.). Sie müssen sich auch etwas einfallen lassen, wie Sie Ihre Punkte an den Mann bringen.

Seien Sie auf die üblichen Ausflüchte von Gish vorbereitet

Wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen, werden manche Kreationisten nicht zögern, Nebelkerzen zu werfen, wenn irgend möglich, Fragen vermeiden oder notfalls einfach lügen. Im Juli 1983 strahlte PBS eine Sendung aus, in welcher Biochemiker auf die enge Verwandtschaft von menschlichen Proteinen mit denen von Schimpansen hinwiesen und das als Beleg für die stammesgeschichtliche Verwandtschaft darstellten. Darauf antwortete Gish "Wenn wir bestimmte Proteine betrachten, ja, dann kann man annehmen, dass der Mensch näher mit dem Schimpansen als mit anderen Organismen verwandt ist. Wenn man aber andererseits bestimmte andere Proteine betrachtet, wird man finden, dass der Mensch näher mit einem Ochsenfrosch als mit einem Schimpansen verwandt ist. Wenn Sie wiederum andere Protein betrachten, werden Sie finden, dass der Mensch näher mit einem Huhn als mit einem Schimpansen verwandt ist." (zitiert in Zuber, Strassen and Trott, 'A Few Verifiable Instances of Creationist Dishonesty', o.J.) Es gibt keine derartigen Proteine, und Gish konnte trotz wiederholter Anfragen von Biochemikern keine nennen. Es hat allen Anschein als hätte Gish im nationalen Fernsehen gelogen, indem er erfundene Daten präsentierte. Seien Sie darauf gefasst.

Vermeiden Sie Arroganz, Berufung auf Autorität und ähnliche Einstellungen und Strategien.

Kreationisten werden versuchen, Wissenschaftler als engstirniges arrogantes Pack darzustellen, die befürchten, dass ihre Position als intellektuelle Pseudo-Priesterschaft durch die kreationistischen 'Wissenschaftler' gefährdet wird. Es gibt derartige Wissenschaftler. Sie sollten besser nicht dazu gehören, wenn Sie mit Gish diskutieren möchten.

Seien Sie gewarnt: Gish hat ein außergewöhnliches Charisma und ist sehr beliebt

Gish wird sich als die Personifizierung von Vernunft und Offenheit darstellen. Trott hebt hervor, dass er "sehr sorgfältig darauf achtet, nicht als durchschnittlich begabt zu erscheinen" (Trott, 'Debating the ICR's Duane Gish', o.J.). Darüber hinaus wird das Publikum Gish für jedes Wort Beifall spenden, während es Sie als einen Verbündeten Satans behandelt - und die Kreationisten werden einige der am offensichtlichsten falschen und unerhörtesten Behauptungen machen, die Sie jemals hören werden. Unter diesen Umständen ist es leicht, die Selbstkontrolle zu verlieren und zu ad-hominem-Argumenten oder persönlichen Angriffen überzugehen. Solche Erwiderungen sind auf jeden Fall zu unterlassen.

Gish liefert jedes Mal die selbe Vorstellung - informieren Sie sich!

Gish hat mit Hunderten von Wissenschaftlern diskutiert - er hat jedes vorstellbare Argument Dutzende von Malen gehört und weiß, mit welchem kurzen Statement er den Gegner entwaffnen und ihn wie einen Narren aussehen lassen kann. Bedenken Sie, dass es Gish in diesen Debatten nicht darum geht, die Fragen des Gegners zu beantworten oder sie auch nur aufzugreifen - sein einziges Ziel ist so viele Menschen wie möglich mit seinen kreationistischen Ansätzen zu konfrontieren. Um das zu tun bleibt er bei seinen bekannten Antworten und hütet sich davor, von seinem erprobten Konzept abzuweichen, unabhängig davon, was sein Gegner eigentlich sagt. Der Biologe William Mayer, der mit Gish diskutiert hat, schließt: "Diese Debatten waren keine Debatten. Die Kreationisten haben ein vorbereitetes Skript in der Tasche, das sie präsentiere, komme was da wolle" (Montagu, 1984, p. 303)

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4. Allgemeine Hinweise

Weil die Kreationisten so auf ihr vorbereiteten Konzept angewiesen sind, muss die grundlegende Strategie des Streiters darin bestehen, diesen von seinem Konzept abzubringen und ihn in unbekanntes Gebiet zu bringen. Der beste Ansatz dazu ist, den Kreationisten dazu zu zwingen, die Vorzüge der Schöpfungs'wissenschaft' darzustellen als das (für ihn) bekanntere Gebiet der Evolution. In einer Debatte mit dem kanadischen Kreationisten Ian Taylor erreicht das Robert P.J. Day mit einer einfachen und klugen Strategie:

Ich verglich zwei Szenarien; das, was wir heute haben 'Evolution ja, Kreationismus nein', mit dem, was die Kreationisten mit ihrem 'gleiche Zeit' einzufordern scheinen: 'Evolution ja, Kreationismus ja'. Ich zeigte dann auf, dass beim Vergleich der beiden Szenarien kein Unterschied hinsichtlich des Status von Evolution besteht. Das heißt, dass sowohl Evolutionisten als auch Kreationisten darin übereinstimmen, dass Evolution gelehrt werden soll. Es geht daher in der Diskussion gar nicht um Evolution. Es geht also eher darum, warum Schöpfungs'wissenschaft' an den Schulen gelehrt werden soll. Wenn ich Schöpfungs'wissenschaft' daher aus dem naturwissenschaften Unterricht ausschließen möchte, bestand meine Aufgabe darin, zu zeigen, dass es sich hierbei nicht um Wissenschaft handelt, während Taylors Aufgabe darin bestand, genau das Gegenteil zu zeigen. Ich stellte fest, dass alle Angriffe Taylors auf die Evolutionslehre vollkommen irrelevant seien, weil sich die Diskussion gar nicht um Evolutionslehre dreht. Dadurch nahm ich Talyor seine wichtigste Waffe. [ ... ] So konnte ich meine gesamte Präsentation dazu nutzen, Schöpfungs'wissenschaft' auszuweiden.

(Day, 'Public Debate With a Creationist', o.J.)

Scott, der Direktor des NCSE, stößt in dasselbe Horn: "Machen Sie sich nicht die Mühe, Evolution zu verteidigen. Evolution ist eine etablierte Wissenschaft, die an jedem ordentlichen College und jeder Universität in diesem Land gelehrt wird. [ ... ] Teilen Sie Ihrem Publikum mit, dass es hinreichend Informationen über Evolution in der Bücherei, Kursen an der Universität und wissenschaftlichen Zeitschriften gibt. [ ... ] Argumentieren Sie aber hart gegen Sintflut-Geologie, zeigen Sie die Unmöglichkeit, dass alle Lebewesen von den Überlebenden auf der Arche abstammen (Leute, hier gibt es ganz massive genetische Probleme), heben Sie auf eine junge Erde ab, zitieren Sie Morris, der sagte, dass Satan für die Krater auf dem Mond verantwortlich ist und all die anderen Torheiten, von denen die Kreationisten nicht möchten, dass die Menschen erfahren, dass sie diese denken" (Scott, 'Debates and the Globetrotters', o.J.).

Diese Taktik zwingt den Kreationisten auf einen Schlag, seine gesamte Planung zu verlassen. Kreationisten sind daran gewöhnt, die Gültigkeit der Evolution zu diskutieren und haben eine ganze Palette von pseudo-wissenschaftlichen Argumenten zur Verfügung - Argumente, die sie im Schlaf beherrschen. Aber sie sind nicht gewohnt, die Vorzüge ihrer 'Wissenschaft' zu diskutieren - weil sie wie jeder andere auch wissen, dass sie keine Wissenschaft vertreten. Wenn sie gezwungen werden, ihr bewährtes Skript zu verlassen und einige schwierige Fragen zu beantworten - wie eine 'Art' zu definieren ist, genau zu erklären, woher denn das Wasser für die Sintflut kam, warum verschiedene Messungen der Eintragungen von Flüssen ganz verschiedene Erdalter ergeben oder warum Kreationismus eine Wissenschaft sein soll, wo doch so viele Angaben zu religiösen Glaubensinhalten in ihren Schriften auftauchen - werden sie sich erfolglos abmühen.

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Anmerkungen (Thomas Waschke)

Debatten

Diese Form der Diskussion gibt es in Deutschland (noch?) nicht. Die betreffenden Zeilen können Sie daher überspringen.

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Gish

Gish ist ein sehr bekannter amerikanischer Kreationist, der schon viele Evolutionisten in öffentlichen Diskussionen in die Enge getrieben hat. Die folgenden Hinweise sind zwar auf die spezifische Diskussionstechnik von Gish zugeschnitten, dürften aber trotzdem auch von allgemeinem Interesse sein.

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E-Mail an Thomas Waschke an Thomas Waschke Stand: 30. April 2002